Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Unser Rundgang beginnt mit der beeindruckenden Ansicht des Schlosses Angern von der Nordseite. Diese Perspektive erschließt den symmetrisch gegliederten Ehrenhof mit den repräsentativen Eingangstüren des Hauptgebäudes und der beiden Seitenflügel. Bereits hier vermittelt sich der architektonische Anspruch an Ordnung, Achsbezug und Repräsentation, wie er für das späte Barock und den Übergang zum Frühklassizismus typisch war. Die streng axial ausgerichtete Nordfassade bildet das Gegenstück zur gartenseitigen Öffnung und markiert den offiziellen Zugang zum Haus.

Die Vorfahrt im 19. Jahrhundert

Die sogenannte Vorfahrt, wie sie um 1845 bezeichnet wurde, entwickelte sich in adeligen Landsitzen zur gestalterischen Inszenierung der Ankunft: Der Zufahrtsbereich diente nicht nur der funktionalen Erreichbarkeit des Haupteingangs, sondern war zugleich ein sozial codierter Raum, der den Status, die Repräsentationsbereitschaft und die Gastfreundschaft der Hausherren sichtbar machte. Besucher konnten hier mit Kutsche oder Wagen vorfahren, stilvoll aussteigen und empfangen werden. Solche Vorfahrtsbereiche waren häufig mit Zierpflanzungen, Kiesflächen, Rasenparterres oder Springbrunnen ausgestattet, um den repräsentativen Charakter architektonisch und gärtnerisch zu unterstreichen. In Angern bildet die Nordseite bis heute das Portal zur höfischen Welt des Schlosses – ein bewusst gestalteter Auftakt, der den Übergang vom öffentlichen Raum zum privaten Herrschaftsbereich markiert.

Schlossansicht Nordseite mit Rondell

Die Vorfahrt heute, nach der sorgfältigen Rekonstruktion des Rondells

Luftaufnahme des Schlossgeländes 1940

Luftaufnahme des Schlossgeländes, ca. aus dem Jahr 1940

Diese historische Luftaufnahme zeigt die weitläufige Gestaltung des Schlossgeländes im Jahr 1940. Das Ensemble mit seinen Seitenflügeln, der Vorfahrt und den umgebenden Gartenanlagen spiegelt die repräsentative Bauweise wider, die die Anlage in Angern auszeichnet. Heute ist dieses Erbe durch sorgfältige Restaurierungen bewahrt und erlebbar gemacht worden.

Die Vorfahrt im 18. Jahrhundert

Um 1750 diente die Nordseite des Schlosses Angern nicht primär als „Vorfahrt“ im modernen Sinne, sondern war Teil einer barocken Gesamtchoreografie, die Architektur, Macht und Gesellschaftsordnung in Szene setzte. Der Ehrenhof war ein Inszenierungsraum, kein Aufenthaltsort – ein architektonischer Spiegel adeliger Weltauffassung, in der der Zugang zum Haus zugleich ein Sichtbarmachen der sozialen Hierarchie bedeutete.

Die Vorfahrt heute

Die Vorfahrt und das Rondell wurden im Rahmen umfangreicher Restaurierungsmaßnahmen rekonstruiert, um den ursprünglichen Charakter des Schlosses zu bewahren. Das Rondell, als zentraler Bestandteil des Eingangsbereichs, unterstreicht die barocke Gestaltungsidee und sorgt für einen würdigen Empfangsbereich für Besucher.

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.