Burg Angern
Die um 1341 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Die Ostseite der Hauptburg von Angern im Mittelalter – Palasfunktion und bauliche Ausgestaltung. Der Palas auf der Ostseite der Burg Angern bildete im Mittelalter das zentrale Element der Hauptburg und vereinte Verteidigungs-, Wohn- und Repräsentationsfunktionen in einem kompakten Baukörper. Seine bauliche Entwicklung, seine architektonische Struktur und die erhaltenen Befunde im Bereich der Kellergewölbe erlauben es, die Nutzung und Organisation einer hochmittelalterlichen Wasserburg exemplarisch nachzuvollziehen. Ziel dieser Untersuchung ist es, die ursprüngliche Funktion und Baugestalt des Palas in seiner mittelalterlichen Phase sowie die späteren Veränderungen bis in die frühneuzeitliche Umbauphase differenziert darzustellen.

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KI generierte Ansicht des Palas der Burg Angern mit nördlicher Ringmauer

Baugeschichtliche Entwicklung des Palas

Erste Bauphase (um 1340-1350): Die Errichtung des Palas erfolgte zeitgleich mit dem Ausbau der Hauptburginsel im 14. Jahrhundert. Der Palas wurde direkt an die Nordmauer der Hauptburg angelehnt, ein für Wasserburgen dieser Zeit typisches Raumkonzept, das einerseits die Verteidigung begünstigte, andererseits den Platz auf der Insel effizient nutzte. Die Ostmauer der Burg diente zugleich als Rückwand des Gebäudes. Die vorhandenen Kellergewölbe mit Tonnengewölbe, einschließlich des Umkehrganges, sprechen für eine hochmittelalterliche Bauweise, die funktionale und wehrtechnische Anforderungen kombinierte (vgl. Schmitt 2005).

Veränderungen und Umbauten: Die Zerstörung der Burg Angern im Jahr 1631 während des Dreißigjährigen Kriegs führte zu erheblichen Verlusten an der überirdischen Substanz. In der Folge kam es bereits nach dem Dreißigjährigen Krieg zu ersten Wiederaufbaumaßnahmen, die sich auf die statische Sicherung und den Erhalt der wichtigsten Kellerbereiche konzentrierten. Einzelne Tonnengewölbe wurden repariert oder erneuert, vermutlich in vereinfachter Form, um die Keller weiterhin als Lager- oder Wirtschaftsräume nutzen zu können. Nur Teile der Kellerstrukturen überdauerten die Kampfhandlungen (vgl. Publikation Angern).

Im 18. Jahrhundert erfolgte der barocke Umbau der Hauptinsel, wobei ein neues Herrenhaus auf der Südinsel errichtet wurde. Bereits im Zuge der Konkursverfahren Heinrichs von der Schulenburg in den 1670er Jahren wurde dokumentiert, dass kein größeres Wohnhaus mehr vorhanden war. Stattdessen wurden bei der amtlichen Taxation von 1672 vier Keller sowie der stark baufällige alte Turm erwähnt (vgl. Gutsarchiv Angern, Rep. H 79). Diese Befunde bestätigen, dass die mittelalterlichen Kellergewölbe die Zerstörung des Dreißigjährigen Krieges überdauert hatten und weiterhin einen wesentlichen Bestandteil der erhaltenen Bausubstanz bildeten. Hinweise auf Eingriffe oder Umbauten am Palas selbst sind rar. Aufgrund der bauhistorischen Merkmale der erhaltenen Kelleranlagen kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese ihre mittelalterliche Struktur weitgehend bewahrt haben und lediglich an einigen Stellen repariert oder stabilisiert wurden.

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Der südliche Teil des Palas der Burg Angern mit südlicher Ringmauer und Bergfried

Der Palas der Burg Angern stellt ein außergewöhnlich gut dokumentiertes Beispiel hochmittelalterlicher Bau- und Nutzungskonzepte auf einer Wasserburg der Altmark dar. Die Kombination aus Verteidigung, Wirtschaftsnutzung und repräsentativer Architektur spiegelt die typischen Anforderungen an einen landadeligen Herrschaftssitz des 14. Jahrhunderts wider. Basierend auf der bauarchäologischen Analyse der erhaltenen Strukturen und im Vergleich mit zeitgleichen Burgen wie Ziesar, Lenzen und Beetzendorf lässt sich die ursprüngliche Gliederung und Funktion des Palas präzise rekonstruieren.

Lage und Gesamtstruktur des Palas der Burg Angern

Der Palas von Angern war entlang der Ostseite der Hauptinsel errichtet und maß etwa zehn Meter in der Breite sowie rund 35 Meter in der Länge. Er bildete sowohl baulich als auch funktional das Rückgrat der Hauptburg und lag strategisch unmittelbar am schmalen Wassergraben zur südlich vorgelagerten Turminsel mit dem Wehrturm. Die Ostmauer der Hauptburg fungierte zugleich als Rückwand des Palas – ein bauliches Konzept, das sowohl Flächeneffizienz als auch eine zusätzliche Verteidigungsfunktion ermöglichte (vgl. Schmitt 2005). Diese bauliche Disposition entspricht dem typischen Schema hochmittelalterlicher Wasserburgen, bei denen massive Palasbauten entlang der äußeren Befestigungsmauern errichtet wurden, wie es etwa bei der Bischofsburg Ziesar nachweisbar ist (vgl. Dehio Brandenburg 2000, S. 11).

Bedeutung innerhalb der Gesamtanlage

Der Palas war das architektonisch und funktional dominierende Element der Hauptburg von Angern. Er vereinte die zentralen Funktionen einer hochmittelalterlichen Burganlage – Repräsentation, Verwaltung, Verteidigung und wirtschaftliche Versorgung – in einem kompakten Baukörper. Durch die Integration aller Hauptfunktionen in einer einzigen, baulich klar gegliederten Struktur entsprach der Palas dem hochmittelalterlichen Ideal eines optimierten, multifunktionalen Herrschaftsbaus. Die bauliche Organisation der Burg Angern zeigt damit deutliche Parallelen zu anderen regionalen Wasserburgen wie Ziesar und Lenzen und spiegelt die allgemeine Entwicklung des Burgenbaus in der Altmark und im brandenburgischen Raum im 14. und frühen 15. Jahrhundert wider (vgl. Dehio Brandenburg 2000; Lütkens 2011; Bergner 1911).

Nutzung des Palas

Wohn- und Repräsentationsnutzung: Der Palas der Burg Angern bildete den zentralen Wohn- und Repräsentationsbau der Anlage. In hochmittelalterlichen Wasserburgen war es üblich, den Palas entlang einer Hauptmauer zu errichten, um Verteidigungs- und Wohnfunktionen effektiv miteinander zu verbinden. Die obere Etage diente dem Burgherren und seiner Familie als Wohn- und Aufenthaltsbereich und war zugleich Schauplatz repräsentativer Aufgaben wie Empfänge, Gerichtsverhandlungen und Verwaltungsakte. Durch die Lage entlang der Nordmauer der Hauptburg konnte der Burgherr die Zugangswege und das angrenzende Dorf unmittelbar überwachen, was die Verteidigungsfähigkeit der gesamten Anlage erheblich verbesserte. Vergleichbare Anordnungen finden sich bei der Burg Ziesar und der Burg Lenzen, wo der Palas ebenfalls strategisch entlang der Befestigungsstruktur positioniert war (vgl. Dehio Brandenburg 2000; Lütkens 2011).

Wirtschaftliche Nutzung des Erdgeschosses: Das Erdgeschoss des Palas, das durch tonnengewölbte Räume in massiver Bruchsteinbauweise geprägt war, diente vorrangig wirtschaftlichen Zwecken. Diese Räume lagen auf annähernd gleichem Niveau wie der Innenhof und waren nicht als Keller, sondern als begehbare Wirtschaftszonen ausgelegt. Die robusten Gewölbestrukturen boten ideale Bedingungen zur Lagerung von Vorräten wie Getreide, Wein und Salz. Durch kleine Fensteröffnungen zur Ostseite hin wurde eine gezielte Belüftung ermöglicht, die ein konstantes, kühles Raumklima sicherte und damit die Haltbarkeit der gelagerten Güter erhöhte. Die interne Erschließung der einzelnen Gewölbe über schmale Durchgänge – insbesondere den erhaltenen 180°-Umkehrgang – sowie der direkte Zugang vom Innenhof erleichterten die Versorgung, Lagerung und Verteilung der Vorräte erheblich. Derartige funktionale Strukturen sind für hochmittelalterliche Wasserburgen charakteristisch und lassen sich unter anderem auch an der Burg Beetzendorf nachweisen, wo ähnliche auf Wirtschaftlichkeit optimierte Erdgeschossgewölbe dokumentiert sind (vgl. Bergner 1911).

Aufbau und Nutzung der Geschosse

Erdgeschoss (Wirtschaftsebene): Das Erdgeschoss war vollständig in Bruchstein ausgeführt und bestand aus mehreren tonnengewölbten Räumen. Diese Gewölbe dienten ausschließlich wirtschaftlichen Zwecken: Vorratslagerung, Geräteeinlagerung und Schutz empfindlicher Güter. Die Böden bestanden aus gestampftem Lehm oder Sand, was eine natürliche Regulierung der Bodenfeuchtigkeit ermöglichte. Die Raumerschließung erfolgte über einen zentralen, tonnengewölbten Flur in Ost-West-Richtung, von dem sowohl der Zugang zum Umkehrgang in die nördlichen Wirtschaftsräume als auch zur südlichen Sandsteintreppe ins Obergeschoss abging. Ein schmal eingeschnittenes Fenster am östlichen Ende des Flurs erlaubte minimale Belichtung und Belüftung in Richtung Wassergraben. Der erhaltene 180°-Umkehrgang belegt die gezielt kontrollierte, verteidigungsgerechte interne Bewegung innerhalb der Wirtschaftsräume. Vergleichbare interne Verbindungssysteme sind aus der Burg Ziesar und der Markgrafenburg Salzwedel bekannt (vgl. Bergner 1911, S. 32f.).

Obergeschoss (Wohn- und Repräsentationsebene): Das Obergeschoss diente der Wohn- und Repräsentationsnutzung. Hier befanden sich die Aufenthaltsräume des Burgherrn, Verwaltungsräume sowie ein großer Saal, der vermutlich repräsentative Funktionen wie Empfänge, Gerichtsverhandlungen oder Urkundenausstellungen erfüllte. Die Bodengestaltung bestand wahrscheinlich aus einfachen Ziegelestrichen oder festgestampften Tonböden. Dielenböden aus Eichen- oder Kiefernholz wären typisch für private Wohnräume gewesen, wie sie auch für die Obergeschosse vergleichbarer Anlagen nachgewiesen sind (vgl. Dehio Brandenburg 2000). Fenster im Obergeschoss könnten zweibahnige Öffnungen gewesen sein, eventuell mit Butzenscheiben oder Pergamentbespannung, eine Ausstattung, die dem gehobenen, aber noch pragmatischen Standard landadeliger Burgen entsprach.

Dachgeschoss (Speicherzone): Über dem Obergeschoss befand sich ein einfaches Dachgeschoss, vermutlich als Speicher genutzt. Hier waren Vorräte und Material untergebracht, das schnell verfügbar sein musste. Die Dachkonstruktion dürfte ein schlichtes Sparrendach gewesen sein, mit hölzernen Dielenböden auf Balkenlagen.

Symbolische und funktionale Bedeutung

Die strategische Lage des Palas unmittelbar am Wassergraben und die Nähe zum Wehrturm unterstreichen seine zentrale Rolle innerhalb der Gesamtanlage. Möglicherweise bestand eine hochgelegene Brücke zwischen dem Obergeschoss des Palas und dem Bergfried, wie es in vergleichbaren Burgen (z. B. Ziesar, Falkenstein) nachgewiesen ist. Solche Brückenverbindungen stärkten im Verteidigungsfall die interne Beweglichkeit und unterstrichen zugleich die symbolische Einheit von Schutz und Herrschaft. Die bauliche Organisation des Palas – robuste Wirtschaftsebene, differenziertes Wohn- und Verwaltungsniveau und funktionale Speicherzone – entsprach dem hochmittelalterlichen Ideal einer multifunktionalen Burganlage, wie sie im 14. Jahrhundert in der Altmark verbreitet war.

Schriftliche Quellen zum Palas der Burg Angern

Die ältesten Hinweise auf die Existenz eines größeren Gebäudekomplexes innerhalb der Hauptburg von Angern stammen aus den Konkursunterlagen Heinrichs von der Schulenburg aus den 1670er Jahren. In der amtlichen Taxation von 1672 werden mehrere “Keller” sowie der “baufällige alte Turm” erwähnt, was darauf hindeutet, dass nach den schweren Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges nur die massiven Sockel- und Gewölbebauten der Burganlage überdauert hatten (vgl. Gutsarchiv Angern, Rep. H 79), wie beispielsweise die massive westliche Außenwand des Palas zum Innenhof mit Umkehrgang im nördlichen Gewölbe. 

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westliche Außenwand des Palas (hinten) zum Innenhof mit Umkehrgang im nördlichen Gewölbe

Weitere wichtige Hinweise ergeben sich aus den kartographischen Aufnahmen und Beschreibungstexten des 18. Jahrhunderts. In den Plänen wird die Hauptinsel als weitgehend neu überbaut dargestellt, während gleichzeitig die mittelalterliche Bausubstanz – insbesondere die Keller und das Turmgewölbe – als teilweise erhalten beschrieben wird (vgl. Gutsarchiv Angern). Zusätzlich liefert die Denkmaltopographie Sachsen-Anhalt (vgl. Dehio Brandenburg 2000) wertvolle Hinweise auf die typische Gliederung von Wasserburgen der Altmark, zu denen Angern in Anlage und Funktionsweise enge Parallelen aufweist. Ergänzende bauhistorische Vergleiche ergeben sich aus der Untersuchung der Burg Ziesar (vgl. Dehio Brandenburg 2000, S. 11) sowie aus den Befunden zur Burg Lenzen (vgl. Lütkens 2011) und der Burg Beetzendorf (vgl. Bergner 1911), wo ähnliche Nutzungs- und Strukturprinzipien für Palasbauten des 13. bis 15. Jahrhunderts belegt sind.

Fazit

Der Palas der Burg Angern dokumentiert exemplarisch den hochmittelalterlichen Typus eines landadeligen Sitzes: eine intelligente Kombination aus Verteidigung, Wirtschaftlichkeit und Repräsentation auf begrenztem Raum. Seine differenzierte Bauweise, die klare funktionale Gliederung und die gezielte architektonische Akzentuierung wichtiger Bauteile machen ihn zu einem bedeutenden bauhistorischen Zeugnis der Wasserburgenentwicklung im norddeutschen Raum.

Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg und verschiedene Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitz, Lehensrechte und lokale Macht. Die Gründung der Burg in Angern diente der Erzdiözese Magdeburg zur militärischen Sicherung und verwaltungstechnischen Kontrolle ihrer südaltmärkischen Besitzungen. Die Anlage einer Wasserburg mit Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz in einem territorial instabilen Raum.
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
1735 ließ Christoph Daniel von der Schulenburg, ein General im Dienst des Königs von Sardinien, ein neues dreiflügeliges Schloss auf auf der 2. Insel erbauen, auf der sich auch der Turm befand. Dieses Gebäude wurde nach den Plänen des Magdeburger Landbaumeisters Fiedler gebaut, wobei zahlreiche Baufehler auftraten, die eine Fertigstellung verzögerten. Der Bau wurde schließlich unter der Aufsicht von Maurermeister Böse abgeschlossen. Von der ursprünglichen Burg auf der ersten Insel sowie dem Turm auf der zweiten Insel blieben Kellergewölbe erhalten, die heute zum Teil begehbar sind.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik. Von der Vorburg zum Pforthäuschen
Die Burg Angern im Kontext des hochmittelalterlichen Burgenbaus in der Altmark und im mitteldeutschen Raum. Die hochmittelalterliche Burg Angern zählt zu den am besten bauarchäologisch überlieferten Niederungsburgen im norddeutschen Raum. Ihre topografische Besonderheit – die Trennung von Hauptburg und Wehrturm auf zwei künstlich angelegten Inseln – stellt ein herausragendes Beispiel für die strategische und funktionale Entwicklung von Wasserburgen im 14. Jahrhundert dar. Das vorliegende Essay untersucht die Stellung der Burg Angern im Vergleich zu regionalen Burgenbautypen und reflektiert Gemeinsamkeiten und Abweichungen im Hinblick auf Anlageform, Materialität, Verteidigungskonzept und architektonische Klarheit.
Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel. Palas, Innenhof und Bergfried der Burg Angern (KI generiert)
Die Burg Angern als exemplarische hochmittelalterliche Wasserburg in Norddeutschland. Die Burg Angern entstand 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg als klassische Niederungsburg auf zwei künstlich angelegten Inseln, geschützt durch ein umfassendes System von Wassergräben. Die räumliche Trennung von Hauptburg und Wehrturm auf zwei eigenständigen Inseln ist im hochmittelalterlichen Burgenbau Norddeutschlands bislang ohne bekannte Parallele dokumentiert. Der Zugang zur Hauptburg erfolgte über eine hölzerne Brücke, die zur möglicherweise westlich vorgelagerten Vorburg führte, welche ihrerseits Wirtschaftsfunktionen wie Stallungen, Lagerräume und Gesindewohnungen beherbergte sowie möglicherweise vom Wehrturm der südlichen Insel. Die Hauptinsel war quadratisch (ca. 35 × 35 m) angelegt. Ein eigenständiges Torhaus ist für Angern nicht nachweisbar; der Zugang wurde vielmehr nachweislich durch ein einfaches Pforthäuschen geregelt – eine Abweichung von der sonst verbreiteten Torhausarchitektur und ein Hinweis auf eine reduzierte, pragmatische Verteidigungsstrategie.
Die Verteidigungsweise der Burg Angern im Dreißigjährigen Krieg: Möglichkeiten und Grenzen einer wasserumwehrten Anlage. Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) stellte selbst befestigte Herrensitze vor neue Herausforderungen. Die Burg Angern, eine mittelalterliche Wasserburg mit separater Turminsel, war zu Beginn des 17. Jahrhunderts bereits stellenweise baulich überformt, jedoch in ihrer ursprünglichen Struktur weiterhin deutlich erkennbar. Möglicherweise wurden in dieser Phase erste Fensteröffnungen erweitert, Dächer angepasst oder Wohnräume an den gehobenen Komfortanspruch der Zeit angepasst. Wie bei vielen vergleichbaren Anlagen in der Altmark und im mitteldeutschen Raum setzte auch in Angern eine schrittweise Umwandlung vom rein wehrhaften Bau hin zu einem repräsentativen Adelssitz ein – ohne die charakteristische Inselstruktur der Burganlage vollständig aufzugeben.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.