Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.

Im Jahr 1424 wurde Werner gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard VI. sowie mehreren Mitgliedern der Familie von Zerbst von Erzbischof Günther von Magdeburg mit der Burg Angern belehnt. Die Verleihung erfolgte im Rahmen eines Pfandvertrages über 400 rheinische Gulden – ein Vorgang, der sowohl den finanziellen Druck auf die landesherrliche Seite als auch die wachsende Kreditmacht des regionalen Adels dokumentiert【1】.

Während Bernhard VI. als Rat und Hauptmann in der Altmark diplomatisch-politisch tätig war, tritt Werner besonders in wirtschaftlichem Kontext in Erscheinung. In einem Rechtsstreit mit dem Rat der Stadt Magdeburg erscheint er 1456 und 1459 als „Werner von der Schulenburg, Bürger zu Magdeburg“. Diese Bezeichnung ist keineswegs als sozialer Abstieg zu interpretieren, sondern verweist vielmehr auf die Doppelrolle adeliger Kaufleute, wie sie für den spätmittelalterlichen Übergangsadel typisch ist: wirtschaftlich aktiv in der Stadt, rechtlich abgesichert durch adlige Herkunft【2】. Der Rechtsfall betraf die Versiegelung eines Speichers, vermutlich durch den Stadtrat, was Werner energisch anfocht. Die Quelle legt nahe, dass er – möglicherweise als Speicherbesitzer, Kaufmann oder Gläubiger – von restriktiven Maßnahmen betroffen war und sich mit juristischer Klarheit dagegen wehrte【3】.

Als Lehnsträger und Mitbelehnter mit Angern ist Werner V. somit nicht nur Teil der adligen Besitzgeschichte, sondern auch ein Repräsentant adliger Kapitalmacht im urbanen Raum. Der Wechsel zwischen ländlich-lehnsherrlicher Funktion und städtisch-kaufmännischem Auftreten kennzeichnet ihn als typischen Vertreter des spätmittelalterlichen Niederadels, der seine Handlungsspielräume zwischen Stadt und Land neu definierte.

Über seinen Tod gibt es keine direkte Nachricht, doch seine letztmalige Erwähnung 1459 erlaubt die Annahme, dass er zwischen 1459 und etwa 1460 verstorben ist. Seine Nachkommen führten die sogenannte mittlere Linie derer von der Schulenburg auf Angern weiter, die sich nachweislich am „alten Hof“ neben der Kirche ansiedelte – vermutlich jener Hofstelle, die ursprünglich unter seiner Führung gestanden hatte【4】.

Fußnoten

  1. Vgl. Johann Friedrich Danneil: Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg, Bd. 2. Salzwedel 1847, S. 156.
  2. Ebd., S. 156–157. Siehe auch: Werner v. d. Schulenburg wird in der Stadtschrift als „bürgerlicher Kaufmann“ bezeichnet.
  3. Vgl. Eintrag zur Klage des Werner von der Schulenburg gegen die Versiegelung eines Speichers durch den Magdeburger Rat (ebd.).
  4. Zur Lokalisierung der mittleren Linie in Angern vgl. Archiv Schloss Angern, Findbuch Rep. H 13; Inventare der frühen Neuzeit, sowie den Lageplan der Hofstellen.
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.